Viel wird ja über die #Klimakatastrophe geredet und berichtet. Und dass wir aufpassen müssen, die sogenannten #TippingPoints, die #Kipppunkte nicht zu überschreiten, ab denen es kein Zurück mehr gibt. Das Abschmelzen des Permafrosts in Sibieren und Kanada, das Abschmelzen der Polkappen, Meerestemperaturen usw… viele wurden und werden genannt und sind wirklich nachvollziehbar und in Prognosemodellen einbeziehbar.
Es wird davon geredet, dass man zwar noch manches abfedern wird können, auch wenn die Prognosen schlecht stehen und der Zusammenbruch der Zivilisation droht
Es ist immer die Rede davon, dass es droht, und dass wir aufpassen müssen, die Kipp-Punkte nicht zu überschreiten.
Aber von einem Kipppunkt hab ich bislang noch nie gehört oder gelesen. Die Idee dazu kam mir heute beim Verfassen eines Kommentares.
Ist die Zeit noch knapp oder doch schon zu kurz?
Wir haben anscheinend nur noch ~10 Jahre Zeit, dass wir die klimatischen Kipp-Punkte ausbremsen können, wenn wir unsere gesamte Wirtschaft und Lebensweise auf dem gesamten Planeten umdrehen. Dann könnten wir es sogar mit einem blauen Auge schaffen.
Wenn… ja wenn…
Der Umbau allein der Energieversorgung erfordert enorme Materialbewegungen und Ressourcenverbrauch. Wir reden hier ja nicht von ein paar Kanonenöfen in kleinen Hüttchen am Land, die mit ein paar Solar-Panelen ersetzt werden müssten, wir reden hier von Terrawattstunden allein in Europa, die in 10 Jahren nicht mehr aus Kohle und Erdöl kommen dürfen, sondern aus Anlagen die direkt Sonnenenergie in elektrische Energie umsetzen. Da müssen Anlagen gebaut werden. Große und/oder viele Anlagen. Da müssen die Stromnetze ertüchtigt und ausgebaut werden, also viele Millionen Tonnen Kupfer und Aluminium allein für Stromleitungen abgebaut und erschmolzen werden. Mit herkömmlicher Energieerzeugung. Da müssen Millionen Kubikmeter Beton erzeugt und vergossen werden, damit all die vielen Anlagen überhaupt in Betrieb gehen können, die dann den “Ökostrom” erzeugen. Ganz abgesehen von den vielen Fabriken die errichtet werden müssen, um klimaneutrales Zeugs zu produzieren.
Vor allem muss viel Stahl erschmolzen werden. Aus Eisenerz und Kohle. Ja fossiler Kohle. Oder Holzkohle. Alternative Methoden ohne fossile Energieträger sind heute weit entfernt von “ausgereift”. Egal ob man auf die Bahn oder die Straße als Transportmittel setzt, beide benötigen Stahl. Für die Fahrzeuge, für die Fahrwege, für Brücken, Tunnels, Sicherungsanlagen und Gebäude.
In 10 Jahren müssen die Emissionen von fossilem Kohlenstoff auf 0 sein, und es muss Technologie bereit sein, den Kohlenstoff aus der Atmosphäre wieder herauszuholen (z.B. mit Bauen mit Holz).
Diskutieren ist wichtig. Oft aber ist es besser früher mit dem Handeln zu beginnen und zu korrigieren
Aber es wird immer noch diskutiert. Es wird diskutiert, ob das überhaupt vom Menschen verursacht wurde und ob es vielleicht eh nicht so schlimm wird. Und dass wir ja nicht zurück in die Steinzeit wollen, also keine Einschränkungen stattfinden dürfen. Und es wird diskutiert, ob E-Autos mit Batterie oder Wasserstoff die Lösung sein werden… Und ob China, Amerika oder Europa sich zuerst bewegen müssen. Ob man eher auf Kreuzfahrtschiffe oder Containerschiffe verzichten soll oder doch auf Dieselfahrzeuge. In der Zwischenzeit baut sich kein einziges witterungsunabhängiges und sonnenkraftbetriebenes Kraftwerk oder Energiespeicherwerk.
Der essentielle Kipp-Punkt scheint mir also schon längst überschritten zu sein. Nämlich der zeitlich-technologische. Selbst wenn heute mit der Energiewende global begonnen werden würde, jeder einzelne Staat, jede einzelne Staatengemeinschaft baut ab heute die Energieversorgung auf rein solar-getriebene Versorgung um (und von mir aus auch Uran… obwohl ich dies aus mehreren Gründen ablehne), sind in 10 Jahren niemals alle fossilen Kraftwerke weltweit ersetzt. Es sind in 10 Jahren niemals alle Verbrennungs-Kraftfahrzeuge durch Elektroautos ersetzt, und schon gar nicht durch solche Akkus, die selbst wiederum mit ausschließlich solarer Energie erzeugt wurden.
Die Umstellung selbst produziert wohl so derartig viel freigesetzen fossilen Kohlenstoff, dass der Klimawandel noch zusätzlich befeuert würde, zu dem, was er heute schon zu schnell stattfindet. Die Umstellung wird wohl die 10 Jahre drastisch verkürzen, bis die klimatischen Kipp-Punkte erreicht würden. Gar nicht mit berücksichtigt ist der enorme Rohstoff-Verbrauch in dieser Zeit für die Umstellung. Es müssen Industrieanlagen und Kraftwerke in 10 Jahren ersetzt werden, die in den letzten 30, 80 oder über 100 Jahren errichtet wurden. Es müssen Häuser ersetzt werden, die in mehreren 100 Jahren errichtet wurden. Und das alles weltweit.
Und es muss wohl noch länger als bis morgen in der Früh diskutiert werden, ob “man” das jetzt so überhaupt machen muss.
Zwei essentielle Kipp-Punkte
Daher denke ich, die beiden essentiellen Kipp-Punkte, einerseits die technologische Umstellung und andererseits das gesellschaftliche Umdenken vom Wähler bis hinauf zu den Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft, sind längt überschritten.
Diese Prüfung schaffe ich heute nicht mehr
Als Menschheit stehen wir heute im Jahr 2021 so da, wie einst viele von uns in der Schule oder beim Studium am Tag vor der großen Prüfung draufkam, “Hätte ich vor 4 Wochen begonnen zu lernen, hätte ich den Stoff ohne Probleme erlernen können. Heute schaff ich das ganz sicher nicht mehr”. Nur dass es für das Klima und damit für unsere Lebensgrundlage keine 2. Chance gibt.
Ausblick
Dieser Text ist geprägt von einem starken Zweifel, ob wir es als Menschheit überhaupt noch schaffen könnten, den Klimawandel so zu begrenzen, dass es bloß ein schmerzhafter Bauchfleck und kein totales Auslöschen unserer Zivilisation in Krieg und Katastrophe werden wird. Dieser Zweifel befeuert eine Verzweiflung über die nahe Zukunft, die uns allen sehr real droht. 2050 wird nicht das Jahr sein, wo es beginnt schlimm zu werden, sondern wo wir mitten drin oder schon gar gegen Ende des “Schlimm” sein werden.
Man könnte jetzt meinen, ich denke darüber nach, die letzten Jahre noch in Saus und Braus leben zu wollen, weil es eh vollkommen wurscht ist, weil wir es sowieso nicht schaffen werden. Ganz im Gegenteil denke ich aber. Wir Menschen müssen JEDE einzelne sich bietende Gelegenheit ergreifen, dem Treiben Einhalt zu gebieten, jede Gelegenheit nutzen um Bewusstsein zu schaffen und um Handlungen zu setzen, die hoffentlich mit möglichst großem Schritt in Richtung unserer Rettung vor dem Hitzetod geht. Denn eines hat mich das Leben gelehrt: Es gibt immer noch eine Möglichkeit, die mir zuvor nie in den Sinn kam. Es tut sich immer wieder eine Tür auf, die ich zuvor gar nicht kannte. Es gibt immer eine rettende Hand, die ich ergreifen kann, mit der ich nie im Leben gerechnet habe. Aber ich muss in die richtige Richtung schauen und gehen, damit die Rettung meinen Schwung mitnehmen kann.
Manchmal aber kommt jede Rettung auch zu spät. Aber DAS weiß man vorher nie.
In diesem Sinne, lasst uns täglich an einer schöneren neuen Welt bauen.
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